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Bischof von Charkiw berichtet: „Erschöpfung, Verzweiflung und Angst“

Die Millionenstadt Charkiw wird von russischen Truppen terrorisiert. „Die Tagespost“ sprach mit Bischof Wasyl Tutschapez über die humanitäre und geistliche Lage in der notleidenden Region.
Zerstörtes Gebäude in Charkiw
Foto: IMAGO/Madiyevskyy Vyacheslav/Ukrinform (www.imago-images.de) | Bischof Tutschapez berichtet, dass es nur noch stundenweise Strom gebe, dass die Schulkinder aus Sicherheitsgründen in den U-Bahn-Stationen unterrichtet werden, dass viele Menschen kein Geld mehr haben für die ...

Erobern werde Russland die zweitgrößte Stadt der Ukraine wohl nicht, denn dazu bräuchte es rund 500.000 Soldaten. Vielmehr gehe es um Psychoterror, sagt Bischof Wasyl Tutschapez in einem via Video geführten Interview mit der „Tagespost“. Das Oberhaupt des griechisch-katholischen Exarchats Charkiw sagt: „Der Angreifer will die Menschen terrorisieren, um sie in Erschöpfung, Verzweiflung und Angst zu versetzen.“

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Charkiw, das vor dem Krieg 1,5 Millionen Einwohner zählte, liegt seit Wochen unter starkem Beschuss. Jetzt fliehen immer mehr Menschen, vor allem Frauen und Kinder, aus der Stadt und aus den Dörfern im ostukrainischen Grenzgebiet Richtung Westukraine. Die russische Armee habe eine „neue, böse Taktik“ entwickelt, so der Bischof, nämlich bereits getroffene Ziele ein zweites Mal zu beschießen, sobald die Rettungskräfte dort angekommen sind. So kommen besonders viele Feuerwehrleute und Sanitäter ums Leben.

Bischof Wasyl Tutschapez leitet das griechisch-katholische Exarchat von Charkiw
Foto: Baier | Bischof Wasyl Tutschapez leitet das griechisch-katholische Exarchat von Charkiw.

Unterricht in der U-Bahn

Bischof Tutschapez berichtet, dass es nur noch stundenweise Strom gebe, dass die Schulkinder aus Sicherheitsgründen in den U-Bahn-Stationen unterrichtet werden, dass viele Menschen kein Geld mehr haben für die lebensnotwendigen Medikamente. Die katholische Kirche helfe allen Bedürftigen, ungeachtet ihrer konfessionellen Zugehörigkeit: „Alle Menschen, die zu uns kommen und humanitäre Hilfe brauchen, bekommen, was in unseren Kräften steht. Auch Muslime kommen zu uns.“

Seit Kriegsbeginn kämen aber auch mehr und mehr Menschen, die um die Sakramente bitten. Und das in einer Millionenstadt, die in sowjetischer Zeit stark säkularisiert war. „Heute kommen die Menschen in die Kirche, wenn jemand stirbt oder an der Front gefallen ist. Aber es kommen auch Gottsucher!“, berichtet der Bischof. Zugleich weiß er von orthodoxen Geistlichen, die mit dem russischen Aggressor kollaborierten, und die jetzt nach Russland emigrierten oder in der Ukraine vor Gericht stehen.  DT/sba

Lesen Sie das ausführliche Interview mit Bischof Wasyl Tutschapez über die dramatische Situation in Charkiw in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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